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Jonna Laajisto über regionales Design

Joanna Laajisto Architekten Dialog | Siemens Hausgeräte

Joanna Laajisto, Helsinki

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Ihre Arbeit gilt heute weithin als Beispiel für eine neue „Finnishness“ und kombiniert regionale Feinheiten mit weltlichem, großstädtischem Flair. Die zahlreichen Cafés, Bars, Restaurants und Büroräume, die sie geplant hat, haben zweifelsohne nicht nur die urbane Identität von Helsinki wiederbelebt, sie haben auch geholfen, finnisches Design wieder ins Gespräch zu bringen. Wir treffen Joanna in ihrem sonnigen Studio im Zentrum Helsinkis, um über ihre Rolle bei der Integration von Beständigkeit im Design für eine fortschrittliche nordische Landschaft zu sprechen.

Q&A

Ihre Arbeit ist Teil einer neuen Welle finnischer Inneneinrichtung, die trotz ihrem modernen, internationalen Flair einen nordischen Sinn für Identität beibehält. Was können Sie uns über diese neue „Finnishness“ erzählen?

Ich hatte immer das Gefühl, dass das typisch Finnische – das Klischee von Rentieren, Saunas und zurückhaltenden Menschen – nicht die wirkliche Erfahrung hier widerspiegelt. Wir sind eine hochentwickelte, wohlhabende und technologische Gesellschaft. Besonders in den letzten zehn Jahren hat sich ein neuer Sinn für Mobilität ausgebreitet und Finnland enger mit dem Rest der Welt verbunden. Ich als Finnin habe das Gefühl, dass Technologie, Engineering und Präzision einen großen Teil der finnischen Identität bilden.

Vor allem Technologie hat die Art und Weise revolutioniert, wie wir mit unseren Räumen interagieren. Gibt es Innovationen, die Sie besonders nützlich finden, und wenn ja, wie integrieren Sie diese?

Technologie ist ein wichtiger Teil des modernen Lebens und meiner Arbeit, aber sie kann auch die Stimmung verderben, es sei denn, sie wird gut in den Raum integriert. Für mich ist es zentral, von Anfang an im Designprozess darüber nachzudenken, wie technologische Geräte integriert werden können. Das bedeutet auch, dass der Kunde schon früh wissen muss, welche Technologie er nutzen möchte. Als Designerin freue ich mich über die Tatsache, dass es immer mehr drahtlose technische Geräte gibt. Dank Bluetooth und drahtloser Beleuchtungslösungen ist es zum Beispiel sehr viel leichter für mich, ohne große Kompromisse zu arbeiten. Ich wünschte, jemand würde eine drahtlose Stromversorgung erfinden!

Haben Sie ein aktuelles Beispiel, wo die nahtlose Implementierung von Technologie die gesamte Wirkung eines Raumes verbessert hat?

Anfang 2018 haben wir Vitra Village geplant, eine 1.000 m2 große Einkaufsplaza auf dem Vitra-Campus. Ursprünglich wurde das Konzept für deren Präsenz auf der EuroShop entwickelt, der weltweit wichtigsten Handelsmesse. Um besser zu verstehen, wie Menschen sich in dem Raum bewegen, haben wir Wärmesensoren eingebaut, die den Kundenstrom aufgezeichnet haben. So konnten wir das Raumkonzept optimieren. Ein weiteres Beispiel ist Cecil, der Flagship-Store der gleichnamigen Kleidungsmarke in Oberhausen, Deutschland, wo wir einen diskreten Schalter in jeder Umkleidekabine implementiert haben, mit dem man einen Verkaufsmitarbeiter rufen kann. Es sind kleine Features wie diese, die – wenn sie nahtlos integriert werden – das Kundenerlebnis enorm verbessern können.

 Joanna Laajisto Siemens Einbau
 Joanna Laajisto Architekten
 Joanna Laajisto Architekten
Siemens  Joanna Laajisto

Der allgemeine Eindruck der Nahtlosigkeit in Ihrer Arbeit ist auf diese sehr einfachen Dinge zurückzuführen. Innendesigns wie das des Restaurants Intro oder der Kaffeebar Story wirken zum Beispiel aufgrund der Materialien stimmig. Womit arbeiten Sie gern?

Wenn möglich, verarbeite ich Materialien, die mit der Zeit besser werden, wie Leder, Holz und Metall. Für mich sind Materialien ein so wichtiger Bestandteil der Atmosphäre – also greife ich zu Materialien und Strukturen, die ein bestimmtes Gefühl in einer Person auslösen können, je nach Art des Raums, an dem ich arbeite. Bei Intro und Story habe ich Eiche, Stein und Beton verwendet, um einen Raum zu schaffen, der warm und einladend ist.

Das Gefühl von Wärme und Komfort trifft auf all Ihre Innenräume zu, sei es eine Kaffeebar, ein Restaurant oder ein Nachtclub. Was ist Ihr wichtigster Rat, damit sich Menschen wie zu Hause fühlen?

Achten Sie auf die Beleuchtung! Besonders wenn Sie ein kleines Budget haben, sollten Sie sich vor allem auf die richtige Beleuchtung konzentrieren. In gutem Licht sehen mittelmäßige Materialien großartig aus, und bei schlechtem Licht wirken selbst die besten Materialien unpassend.

Viele Ihrer Innenräume umfassen geschmackvoll gestaltete Küchen, die als gesellschaftlicher Mittelpunkt dienen. Welche Philosophie verfolgen Sie bei der Entwicklung eines modernen Koch- und Esserlebnisses?

Bei Küchen und Esszimmern geht es meiner Ansicht nach darum, sich in einem Raum wohlzufühlen. Es sind Orte, an denen Menschen gern zusammenkommen, und wenn möglich versuche ich, beide miteinander zu kombinieren. Das Gleiche gilt für die Innenausstattung: Da moderne Küchen häufig zum Wohnraum hin offen sind, integriere ich sie gern nahtlos. Das geschieht durch aufgewertete Materialien wie Holz, Stein und Edelstahl, große offene Oberflächen und den Verzicht auf Hängeschränke. Wenn hohe Schränke erforderlich sind, gruppiere ich sie an einer markanten Wand. Ich füge auch gern eine Kücheninsel hinzu, um die sich Menschen beim Kochen oder zu einem Gespräch versammeln können. Dimmbare Beleuchtung kann an verschiedene Anlässe angepasst werden, wie Frühstück, Mittagessen oder Dinnerparty. Und nichts fördert gute Gespräche beim Essen und Trinken mehr als eine gut kalibrierte Akustik.

Siemens Architekt Laajisto

Wie wichtig ist die Küche in Ihrem eigenen Leben?

Die Küche ist ein wichtiger Teil des Familienlebens, sowohl bei uns zu Hause in Töölö im Zentrum Helsinkis als auch in unserem Sommerhaus im ländlichen Karjalohja. Traditionell haben die alten Gebäude in Finnland und besonders in Helsinki eher kleine Küchen, aber ich mag große, offene Räume, in denen die Person, die kocht, im gleichen Raum wie der Rest der Familie sein kann. Niemand steht gern allein in der Küche. Besonders in unserem Sommerhaus besuchen uns oft Familie und Freunde, und wir lieben es, zusammen zu kochen.

Im Einklang mit Ihrem gesellschaftlichem Gespür steht Ihr engagierter Einsatz für Nachhaltigkeit und ethisches Design. Wie setzen Sie diese Philosophie in die Praxis um?

Ich bin fest davon überzeugt, dass Funktionalität der Schlüssel zu Nachhaltigkeit ist und der Ausgangspunkt für jedes Designprojekt sein sollte. Heute ist es sehr einfach, die Dinge durch „Greenwashing“ schön zu reden, aber die wirklich wichtige Frage ist: Wie gut können der Raum oder die Inneneinrichtung die Zeit überdauern, und wie gut können sie an neue Situationen und zukünftige Anforderungen angepasst werden? Ich möchte keine Räume entwerfen, die in wenigen Jahren schon erneuert werden müssen.

Im Laufe der Jahre haben Sie diese Philosophie in privaten Wohnhäusern, Bars, Clubs, Geschäften und Restaurants umgesetzt. Was kommt als Nächstes?

Im Moment finde ich das Gastgewerbe sehr spannend. Ich liebe es, Orte wie Boutique-Hotels zu planen, in denen das Kundenerlebnis im Mittelpunkt steht. Mich interessiert auch das Wort „Hospitality“ – Gastfreundschaft – auf einer abstrakteren, philosophischen Ebene: Was bedeutet es, Orte zu schaffen, die gastfreundlich sind? Im Finnischen gibt es keine direkte Übersetzung für das Wort „Hospitality“, was ich faszinierend finde.

Apropos „Hospitality“: Sie haben kürzlich den Hauptsitz einer der größten Kreativagenturen in Finnland fertiggestellt – Bob the Robot. Wie war Ihr Vorgehen bei der Schaffung einer Arbeitsumgebung, die sowohl gastfreundlich als auch produktiv sein soll?

Das Design orientiert sich stark an einem Verständnis von grundlegenden menschlichen Bedürfnissen – dem Wunsch nach Gemeinschaft, der Notwendigkeit von Privatsphäre – sowie an der Kultur des Unternehmens. Andere Faktoren, auf die ich besonders achte, sind die Akustik, die Beleuchtung und die allgemeine Ergonomie der Arbeitsumgebung. Ich denke, wenn Menschen sich in ihrer Umgebung wohlfühlen, arbeiten sie besser und sind produktiv.